Praxiswerkstatt Natascha Koller
Blog Generationen unter einem Dach – miteinander statt gegeneinander
Mediation hilft bei Konflikten, die zu viel kosten


Der Alltag in der Landwirtschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Umfangreiche neue Tätigkeitsfelder sowie moderne Produktions- und Vermarktungsideen sowie die österreichische Agrarpolitik und die sich wandelnden Märkte stellen LandwirtInnen vor große Herausforderungen.
Doch eines hat sich kaum geändert: Landwirtschaftliche Betriebe sind immer noch in der Hand von Familien, deren Mitglieder gemeinsam in mehreren Generationen und sehr oft mit Leib und Seele zusammen arbeiten. Beruf und Privatleben spielen sich unter einem Dach ab, Visionen und Ideen der nachkommenden Generation stimmen nicht immer mit den Wünschen und Bedürfnissen der älteren Generation nach Stabilität und Tradition überein. Hinzu kommt, dass man im landwirtschaftlichen Bereich mit vielen unterschiedlichen Menschen auskommen muss, da kann man nicht stets gleicher Meinung sein. Überdies können Veränderungen im Familiensystem zwischen den Generationen ein großes Konfliktpotential bergen. Gemeinsam ist jedoch allen Generationen die Liebe und Verbundenheit zur Landwirtschaft als Lebensgrundlage und Heimat. Dies bestätigt eine 2011 durchgeführte Studie der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft: 92 % der Befragten JunglandwirtInnen tritt gerne und mit Begeisterung das Erbe an. 86 % haben das Bild einer BewahrerIn und TrägerIn der landwirtschaftlichen Tradition.

Ungelöste Konflikte kosten eine Menge Kraft und sehr viel Geld
Neben Familienkonflikten am Bauernhof sehen sich Bäuerinnen und Bauern ebenso konfliktreichen Aufgaben wie Nachbarschafts- und Grundstreitigkeiten sowie Erbschaftsfragen gegenüber. Die Folge davon sind, dass ungelöste Konflikte und Streit sehr viel Zeit, Kraft, Lebensfreude und letztendlich auch bares Geld kosten. Bei einem Konflikt leiden alle Beteiligten, egal wie die Situation von außen aussieht.
"Letztens sagte meine Frau zu mir, jetzt reicht's mir, nie ist Euch was recht. Mein Sohn und die Schwiegertochter hatten das auch mitbekommen und wir alle waren über das Verhalten meiner Frau sehr verblüfft, denn meine Frau ist sonst sehr zurückhaltend. Eine Kleinigkeit war es doch nur, wegen der sie sich mit der Schwiegertochter zankte, da muss sie sich doch nicht so aufregen" erzählte der Altbauer Martin Huber am Telefon, als er bei der Mediatorin anrief. Seit längerer Zeit gab es zwischen seiner Frau und der Schwiegertochter öfters Konflikte, die mittlerweile die gesamte Familie belasteten und ungelöst blieben.

Konflikte sind ganz normal - ihnen auszuweichen ebenso
Konflikte und Auseinandersetzungen zu meiden ist ein natürlicher menschlicher Reflex und daher ganz normal. Wenn jedoch das miteinander reden ohne Streit nicht mehr möglich ist, oder auch überhaupt nicht mehr miteinander gesprochen wird, die Kommunikation also in eine Sackgasse gerät, dann kann Mediation ein sehr effizienter Weg sein, um die Konfliktdynamik zu entschärfen, was von allen Beteiligten als sehr entlastend empfunden wird.
Denn Meditation bleibt längst nicht mehr nur Konzernmanagern vorbehalten, sondern hat sich vor allem auch in der Landwirtschaft als sinnvolle Methode der Vermittlung bewährt.
Das können auch Natascha Koller und DI Gerhard Habring bestätigen. Die beiden eingetragenen Mediatoren sind in Salzburg und Oberösterreich unterwegs und unterstützen unteranderen auch Landwirtinnen und Landwirte mithilfe von Mediation und Kommunikationsseminaren in Konfliktsituationen.

Was steckt dahinter?
Hinter vielen Kontroversen und Konflikten steckt häufig eine ganz andere Thematik. Finanzielle Probleme, Druck am Arbeitsplatz oder generell auch das hohe Tempo des Lebens lassen Menschen zunehmend in Krisen rutschen. Vieles davon wird in unseren Beziehungen und in das Familienleben mitgenommen und trägt dazu bei, dass wir in familiären Beziehungen leiden. Dazu kommt, dass viele Familien nicht offen über ihre Sorgen und Schwierigkeiten sprechen. Wo jedoch unterschiedliche Sichtweisen nicht ausgeredet und offen verhandelt werden, entsteht leicht ein Teufelskreis. Oft sind es mitunter Kleinigkeiten, bei denen wir uns in endlosen Diskussionen im Kreis zu drehen beginnen oder uns letzten Endes sogar in einer Situation völligen Schweigens wieder finden können. Wenn Kommunikation untereinander nicht mehr stattfindet, wenn Stagnation und Lähmung das Familienleben beeinflussen, wenn Konflikte sogar krank machen, ist es Zeit zu handeln und etwas zu verändern.

Generationsunterschiede stellen Alt und Jung vor komplexe Herausforderungen
Wenn Alt und Jung unter einem Dach leben, bleiben Spannungen nicht aus, die meist auch sehr emotional geführt werden. "Die Wurzeln vieler Probleme liegen in den Generationsunterschieden bzw. in familiären Strukturen", erklärt Natascha Koller. "Besonders auf Nebenerwerbshöfen kommt auf die ganze Familie eine höhere Arbeitsbelastung dazu. Neue Gesetze und Richtlinien machen häufig kostspielige Investitionen notwendig. Das sind weitreichende und oft sehr heikle Entscheidungen, von denen alle betroffen sind. Die ältere Generation lebt am Hof und arbeitet im Betrieb mit, den sie früher allein geführt hat. Die nächste Generation steht oft schon mit neuen Ideen in den Startlöchern für die Hofübernahme. Oder es ist umgekehrt und die "Jungen" sind noch unsicher und mit der Verantwortung überfordert. Viele möchten oder müssen weiterhin in ihren parallel erlernten Berufen tätig sein und zusätzlich Geld verdienen. Ein Spagat, der nicht immer so einfach zu lösen ist. Die ältere Generation ist oft hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis weiter mitzuarbeiten, vielleicht auch noch mitzubestimmen und dem Wunsch den Lebensabend vermehrt zu genießen und sich körperlich zu schonen. Dabei haben sie oft das Gefühl, sie würden die junge Generation mit der vielen Arbeit im Stich lassen. "
Es kommt sehr oft vor, dass die eigentlichen Ursachen für Konflikte nicht für alle klar ersichtlich sind oder sich mehrere Problemfelder vermischen. Aus einem Durcheinander von Missverständnissen, Verletzungen, Tauziehen um Macht, Vorurteilen, oft auch fehlender Anerkennung und Wertschätzung füreinander sind mediative Methoden sehr hilfreich für alle Beteiligten, um effektive und effiziente Lösungsmöglichkeiten zu erzielen.

Mediation hilft bei festgefahrenen Konfliktsituationen
Eine Hilfe zum Unterbrechen dieser Konfliktdynamiken bietet die Mediation. Anders als bei Schlichtungs- oder Gerichtsverfahren geht es, so Natascha Koller, "nicht um die Ermittlung von Schuld oder um Rechtsprechung oder darum, eine Partei zur Verhaltensänderung zu bewegen. Vielmehr handelt es sich um ein freiwilliges und strukturiertes Verfahren zur Beilegung von Konflikten."
Dabei gibt es verschiedene Vorgehensweisen. Gemeinsam ist allen Methoden, dass die Beteiligten freiwillig teilnehmen und das Thema ausschließlich von den Betroffenen bestimmt wird. "In der Mitte sein" – so die ursprüngliche lateinische Bedeutung des Wortes – trifft die Position des Mediators genau. Sie oder er greift nicht in die Inhalte ein, lässt jeden zu Wort kommen und steuert als neutrale bzw. „allparteiliche“ Figur den Prozess. Dieser besteht in einer konstruktiven Kommunikation über die Hintergründe des Konflikts.

Bei einer Mediation kann es heiß hergehen, Mediatoren sind dafür gewappnet
Wenn einmal alle Konfliktbeteiligten gemeinsam an einem Tisch zur Mediation sitzen, kochen manchmal die Wogen hoch und es wird heftig Dampf abgelassen. Das Gespräch in einem guten Rahmen zu führen, wo alle Beteiligten sich gehört, ernstgenommen und auch verstanden fühlen, das ist die Aufgabe der Mediatoren: Klare Gesprächsregeln vereinbaren, Gesprächskultur wahren und die Gesprächsführung übernehmen, damit jeder zu Wort kommt. "Auch wenn in Mediationssitzungen eine ungeheure Vielzahl an Konfliktbaustellen zu Tage treten", so die Mediatorin, "so empfinden die Betroffenen die Gespräche und das gemeinsame Durcharbeiten durch den Konflikt als befreiend und erleichternd. Denn oft wurde zu lange geschwiegen."
Das Ziel des Mediationsprozesses ist immer eine verbindliche und zukunftsweisende Vereinbarung der Betroffenen zur Beilegung des Konfliktes, wobei ein positiver Interessensausgleich aller Beteiligten angestrebt wird. Darüber hinaus hat eine praktisch umsetzbare Lösung oberste Priorität.

Wertschätzung und Respekt tun jedem gut
Werden wir Menschen respektiert und anerkannt, so wie wir sind, fühlen wir uns wohl. Wenn wir allerdings erleben, dass unsere Arbeit und unser Einsatz als selbstverständlich betrachtet wird, und wir nur noch Kritik ernten, dann kränkt das auf Dauer: Es schwächt, entkräftet und macht krank. In guter Beziehung mit anderen zu sein, und gleichzeitig die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, stellt viele vor eine scheinbar unlösbare Aufgabe. Eine achtsame Kommunikation mit Herz und Hirn spielt hier die zentrale Rolle. "Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind (Albert Einstein). Doch wie kann es gelingen, Dinge mit anderen Augen zu betrachten? Ein Schlüssel zu erfolgreicher Kommunikation ist Respekt und Wertschätzung für den Anderen und dessen Persönlichkeit, die so konträr zur eigenen erscheint. Was schätze ich z.B. an meinem Partner, an meiner Schwiegertochter? Den Blick auf die Stärken des anderen zu richten bewirkt mehr Positives als zu kritisieren, was alles vermeintlich schief läuft. Denn in den Stärken aller liegen auch enorme Ressourcen, die dem gesamten Familienbetrieb und der Familie wieder zugutekommen. Häufig liegt der Fokus der Betrachtung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft weit auseinander, was bei unterschiedlichen Wertvorstellungen zu einem schwierigen Miteinander führt. Dass das gelingt, dafür sorgen die Mediatoren durch die Gesprächsführung.


Durch's Reden kommen d'Leut z´samm´
"Wie kann es mir gelingen, die anderen ebenfalls mit ins Boot zu holen, damit wir gemeinsam an einer Mediation teilnehmen?“, lautet oft die zentrale Frage. Wenn der Leidensdruck für einen der Beteiligten zu groß wird, Kraft und Ressourcen zu Ende gehen, wird meist klar, dass die Lösung ohne professionelle Unterstützung des Konfliktes wahrscheinlich in weite Ferne rückt. Die Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen ist nicht immer ganz einfach. Gleichermaßen offensichtlich wird in Mediationsprozessen, wie ungewohnt es für Menschen ist, aktiv zuzuhören, gegenseitig Toleranz aufzubringen, eine Diskussion fair, d.h. ohne Anschuldigungen zu führen. "Bei einer Mediationssitzung achten wir Mediatoren aufmerksam auf die Bedürfnisse und Interessen aller Beteiligten, die sich hinter den Worten in hitzigen Diskussionen verbergen: Dies sind im wahrsten Sinne des Wortes sogenannte „Goldstücke“ für uns Mediatoren, also Bedürfnisse der jeweiligen Personen, die vordergründig meist nicht ersichtlich sind und von der Betroffenen nicht bewusst wahrgenommen werden", so Natascha Koller. Auf die Bedürfnisebene genauestens zu achten ist ein wesentlicher Aspekt einer Mediation. Und oft sind die Konfliktparteien sehr erstaunt, dass es viel mehr Verbindendes als Trennendes zu Tage tritt. Das ist der Beginn einer konstruktiven Kommunikation.

Mediation begleitet, den Blick nach vorne zu richten, um gemeinsam die Zukunft zu gestalten
"Je mehr der Blick nach vorne, hin zum Konsens gerichtet wird, umso leichter können die anderen folgen und ein friedliches, funktionierendes Zusammenleben und Lösungen für anstehende Probleme finden. Es geht in der Mediation nicht um eine eventuelle Schuldfrage oder darum, dass jemand "gewinnt". Mediation soll Lösungen für die Zukunft ermöglichen. Sie bietet einen wirksamen Weg, um Konflikte konstruktiv zu lösen, wertschätzend miteinander umzugehen und respektvoll im Dialog zu bleiben und gemeinsam das Leben erfolgreich zu gestalten. Im Kontext der Landwirte könnte das dann heißen, dass das "Leben unter einem Dach" langfristig wieder besser funktioniert.“

Nähere Information zum Thema Mediation in der Landwirtschaft:
Praxiswerkstatt im Gusswerk I
Söllheimer Straße 16
5020 Salzburg
E-Mail: nkoller@aon.at
T.: 0662 /877118
www.praxiswerkstatt.com

Auf Anfrage ist Mediation mit dem Team der Praxiswerkstatt in allen Bundesländern möglich.

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